Lesung "Das Dorf im Ried"

L e s u n g 
aus dem 1927 geschriebenen und 1931 erschienenen Roman
„Das Dorf im Ried“
von
Arthur Adler
Lehrer zu Datterode vom 1. Januar 1921 bis 30. April 1928


Zum Verfasser

Arthur Adler

geb. 02.09.1896 in Kassel

gestorben am 14.04.1968 in Grebendorf

verheiratet mit

Irmgard, geb. Schäfer

geb. 07.04.1902 in Staßfurt/Sachsen

gestorben am 15.08.1991 in Grebendorf

Kinder:

Helga, geb. 28.07.1923, gest. 17.10.2003

Gudrun, geb. 30.03.1925, verwitwete Panske

Ursula, geb. 25.09.1926, verwitwete Starke

Wulf, geb. 06.03.1944

Der Soldat Adler

Arthur Adler war als Offizier Teilnehmer an beiden Weltkriegen und u. a. jeweils Träger der Eisernen Kreuze I und II. Klasse. Im II. Weltkrieg zunächst Hauptmann, wurde er später im Range eines Majors Kommandeur verschiedener Infanterie-Regimenter und Ersatzeinheiten und auf den Kriegsschauplätzen in Frankreich, Finnland sowie Deutschland eingesetzt. Anfang 1945 war er an den letzten Kampfhandlungen im Raum Hanau und (Bad) Kissingen beteiligt und kam in (Bad) Kissingen in amerikanische Gefangenschaft, aus der er floh und Ende April 1945 zu seiner Familie zurückkehren konnte. Als Offizier und NSDAP-Mitglied wurde er inhaftiert. Nach seiner Entlassung aus der Haft war er brotlos. Er verdingte sich als Bau-, Wald- und Lagerarbeiter. Erst 1948 erhielt er sein 1929 in Grebendorf erbautes Haus zurück, an dem – wie er es selbst beschreibt – durch Beschuss, Diebstahl und Verwüstung ein Schaden von ca. 30.000 Mark entstanden war.


Der Lehrer Adler

Sein Wirken als Lehrer begann er 1920 in Vaake an der Weser, um bereits zum 1. Januar 1921 als „Schulamtsbewerber“ (3. Lehrer) an der Volksschule Datterode seinen Dienst anzutreten. Er bewohnte mit seiner Frau und in der Folge mit den Kindern die Lehrerwohnung in der „alten Schule“ am Kirchrain und bewirtschaftete einen 4a großen Teil des Schulgartens an der alten Schule. Ab 1. Juli 1927 ist er zudem Kreisjugendpfleger und wird zum 1. Mai 1928 nach Grebendorf an die dortige Schule versetzt (vgl. „850 Jahre Datterode“, S. 269 ff). Dort lehrt er bis zum Beginn des Krieges.

Zum Inhalt des Romans „Das Dorf im Ried“

Adler schrieb den Roman 1927, als er bereits im 6. Jahr in Datterode wohnte und wirkte. Die Geschichte rankt sich um einen Fremden (Rainhard Kämpfer), der nach Ende des I. Weltkrieges in das Dorf „Krushagen“ im Kreis „Meschege“ (Datterode im Kreis Eschwege) kommt, um dort einen Bauernhof zu übernehmen, den ihm ein vermeintlich sterbender Kriegskamerad in Russland vermacht hat.

Das Dorf liegt im „Ried“ (Ringgau) an der „Kruse“ (Netrabach). Adler strickt seine Geschichte um uns bekannte Flurbezeichnungen, u. a. „Mottenhohl“, „Metzebornsklinge“, „Hanrod“, „Im weißen Triesch“, „Auf der Fuhrt“, „Kuchenberg“ – die Boyneburg heißt bei ihm „Drachenburg“. Er mag den ein oder anderen Charakter, die ein oder andere Begebenheit oder auch ortspolitische Verhältnisse aus dem Datterode der 20er Jahre für seine handelnden Personen und die Geschichte verarbeitet haben.

Wer zwischen den Zeilen lesen kann und das ein oder andere Ereignis, die ein oder andere Familiegeschichte kennt, wird mögliche Parallelen zur Realität erkennen. Namentlich erwähnt er lediglich Beinamen, nämlich u. a. den „Tambour“ – mundartlich bei uns „Dammbür“, wie Albert Pfifferling aus der „Hingergass’n“ deshalb genannt wurde, weil er als Trommler am I. Weltkrieg teilgenommen hatte und einen „Hambost“, bei uns „Hamboos“ ausgesprochen – evtl. gemeint ist Johann Sebastian Hartung – der Kastenmeister also „Klingelbüdelsmann“ im „Presberterium“ (Kirchenvorstand) werden soll.

Bei dem Roman geht es für das Dorf um wirtschaftlichen Aufschwung, den man sich durch den Bau einer Chemiefabrik („auf dem gemeindlichen Gänserasen oberhalb der Riedmühle, 12 Acker groß“) erhofft, die ein gerissener Makler versucht, der Dorfgemeinschaft und den politisch Verantwortlichen schmackhaft zu machen. Der Romanheld Kämpfer versucht seinerseits, dies unter Hinweis auf die schöne Natur und mögliche Folgen zu verhindern.

Adler beschreibt Zusammenkünfte in einem Gasthaus des Dorfes mit einem grünen Ledersofa. Ein Sofa, das übrigens heute noch existent ist. Eine besondere Figur ist der „Riedmüller“, der durch dramatische Umstände zunehmend ins Elend gerät. Wie zu erwarten, taucht auch der todgesagte Kriegskamerad wieder auf und verlangt seinen Hof. Er bringt jedoch sein Erbgut Stück für Stück durch – verkauft Kuh um Kuh an einen Viehhändler für wenig Geld.

Adler beschreibt aber auch das dörfliche Leben wie das Dreschen, das Kirmesfest, Hochzeitsbräuche, einen Leichenzug und das Löschwesen der Feuerwehr (Letzteres hoffentlich nicht aufgrund einer tatsächlichen Begebenheit). Er macht auch einen Exkurs zum 30jährigen Krieg, als 1637 die Kroaten das Dorf abbrannten. Der Verfasser flicht auch hie und da die örtliche Mundart ein, wenn er seine Romanfiguren sprechen lässt. Er schreibt über den Bau einer genossenschaftlichen Wasserleitung und den Einzug der Elektrizität.

Adler rechnet in einer Passage offensichtlich auch persönlich mit den Gemeindeverantwortlichen ab, die ihm während seiner Datteröder Zeit dringende Renovierungen der Lehrerwohnung versagten – ihm offensichtlich partiell das Leben erschwerten (vgl. „850 Jahre Datterode“, S. 269 ff). Sprachlich agiert Adler romantisch bis schwärmerisch im Geist der Zeit, beschreibt genau und verzichtet auch nicht auf eine Liebesgeschichte im Stile von Romeo und Julia.

Für insbesondere geschichtlich interessierte Datteröder ist das Buch eine Fundgrube.

©Heimatverein Datterode e. V. im Dezember 2006

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