Begleitblatt zur Lesung am 8. Dezember 2007

„Herr Sträubelein“ - Eine Schelmengeschichte in Anekdoten

(Textteile mit freundlicher Genehmigung von Frau Ingrid Hrobarsch, Oetmannshausen)

Berühmte Persönlichkeiten sind aus der Gemeinde Oetmannshausen nicht hervorgegangen. Jedoch liegt auf seinem Friedhof ein Mann begraben, der mit Mutterwitz und Spottlustigkeit der Obrigkeit den Spiegel vorhielt und seinen Pfarrkindern mit kernigen

Worten das Evangelium predigte, nämlich Pfarrer Emanuel George Christian Streibelein.

Streibelein war ein Mann, der lieber den Soldatenrock seines Großvaters angezogen hätte. Dieser hätte auch besser zu seinem tatendurstigen und derben Wesen gepasst als der schwarze Chorrock seines Vaters. Er war ein Pfarrherr, der nie Ruhm und Ehre bei Hofe erreichen wollte, sondern ein rauer, schlichter Bauernpfarrer, nicht mehr und nicht weniger. Er hatte Temperament und war schlagfertig. Niemandem blieb er die rechte Antwort schuldig, auch nicht seinen Vorgesetzten. Seine Amtsbrüder im Konvent waren

der Meinung, mit ihm hätte man der Kirche ein Kuckucksei ins Nest gelegt.

Er war ein deutscher Patriot und die Zeit der französischen Besetzung (1806 - 1813) erlebte er in Rambach. Kurfürst Wilhelm II. war in das Exil nach Prag geflüchtet, sollte aber weiterhin mit Nachrichten aus der Heimat versorgt werden. Streibelein brachte auf verschlungenen Wegen die wertvollen Briefe von Eschwege nach Thüringen. Erlebte er als Pfarrer die Franzosenzeit noch bis zu seiner Festnahme (aufgrund seiner widerspenstigen Handlungen) durch die Besatzer in Rambach und Weißenborn, wurde er

vom Landesherrn nach dessen Rückkehr aus der Immigration nach Oetmannshausen versetzt und musste auch die Gemeinde Wipperode (heute zusammen mit dem ehemaligen Bernsdorf, Gemeinde Vierbach) mit betreuen.

Streibeleins Stern sank, er versah sein Amt mehr schlecht als recht und sollte seines Amtes enthoben werden. Gevatter Tod kam den Behörden zuvor und ließ den wackeren Streibelein ohne langes Krankenlager am 3. April 1834 versterben. Er wurde auf dem Friedhof in Oetmannshausen begraben. Sein Grab und Grabstein sind nicht mehr zu finden. Die Oetmannshäuser haben ihm zu hren ihr ehemaliges Kriegerdenkmal in einen Gedenkstein für ihren bemerkenswerten Pfarrer umgearbeitet und zwischen Kirche und

Pfarrhaus aufgestellt.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts übten Jugendliche aus Datterode ein Laienspiel über Pfarrer Streibelein ein. Bei der Rollenverteilung ergab es sich, dass ein jüdischer Junge aus dem Dorf die Rolle des Pfarrers spielen sollte. Dagegen erhob Wilhelm Hartmann die Stimme mit den Worten: „De kunnt dach üss äm Jüde kenn evangel’schen Foar gemache. Dän mach ech!“ Wilhelm Hartmann spielte den Pfarrer Streibelein und hatte seitdem den Spitznamen „Sträubelein“. Den älteren Dorfbewohnern ist der Spitzname heute noch geläufig. So hat Herr Streibelein auch in unserem Dorf Datterode seine Spuren hinterlassen.

Der Heimatverein Datterode e. V. wünscht Ihnen viel Vergnügen!

(P. S. Über eine Spende für unsere gemeinnützige Arbeit freuen wir uns!)

nach oben