Nachbericht zur Lesung 2014

Außergewöhnlicher Beitrag des Heimatvereins Datterode zum Jahrestag

Überwältigender Zuspruch für konzertante Lesung mit Stephan Krawczyk

Aus Anlass der 25. Wiederkehr der Tage der friedlichen Revolution in der damaligen DDR präsentierte der Heimatverein Datterode e. V. (HVD) in seiner diesjährigen Lesung am 16. November dem Publikum mit Stephan Krawczyk (www.stephan-krawczyk.de/) den Wegbereiter des Aufstandes gegen die SED-Willkürherrschaft. Der „Bürgersaal“ des „Marktwert“ sah eine große Besucherschar - aus nah und fern/aus "Ost und West", um diese Wörter noch einmal zu benutzen, die sich vom aus Berlin angereisten Poeten auf eine Reise durch persönliche Geschichte und Geschichtchen, durch Zeiten und Gefühle, mit Saiten- und Mundinstrumenten, mit Wortgewalt und Wortgewitztheit mitnehmen ließ. Die Besucherinnen und Besucher ließen sich auf den bekannten Gast ein, nicht wissend, was sie als Nächstes erwarten würde.

Hatte sich das Interesse an den Lesungen des HVD – es war die neunte ihrer Art – über die Jahre bereits mehr und mehr gesteigert, so war die begeisternde Resonanz dieses Mal sicherlich auch dem Gast aus Berlin zu verdanken. Der HVD lieferte mit diesem für die Gäste kostenlosen Angebot einen selbstlosen und viel beachteten Beitrag zu den Veranstaltungen der Region anlässlich des Jahrestages. Insbesondere, weil es gerade auch unserer ehemaligen Grenzkommune zukommt, sich in Anerkennung und Dankbarkeit der Menschen würdig zu erinnern, die seinerzeit das einmalige Wunder deutscher Geschichte erst ermöglichten. Zwei Tage, bevor auch zwischen Rittmannshausen und unseren thüringischen Nachbarn in Ifta der „Eiserne Vorhang“ vor 25 Jahren fiel, präsentierte der HVD mit dem besonderen Gast aus Berlin den authentischen Protagonisten der Zeitenwende, der Geschichte „von gleich nebenan“. Krawczyk brillierte sowohl mit seinen Texten, als auch mit der dazu gehörigen Musik. Auch Persönlichkeiten der Landes- und Lokalpolitik folgten wie die Menschen aus der nahen und weiteren Region gebannt den beeindruckenden, autobiografischen Inhalten. Getragen von unglaublich viel Gefühl, vom Menschsein und von Liebe ging es über viele Zeitsprünge durch den "Bauchladen" (wie Stephan Krawczyk es selbst nannte) eines begnateten Wortakrobaten, dessen lyrische Verliebtheit in die deutsche Sprache greifbar wurde. Ja, er verlangte dem alters- und interessensvielschichtigen Publikum viel ab. Aber das Publikum ließ sich ein, ging mit, egal ob es Krawczyks eigenen Gedanken in Reim und Musik, oder ob es  dessen Interpretation von Bertolt Brecht folgte.

Mit Stephan Krawczyk erlebten sie einen Sympathieträger, der beispielhaft für viele andere das persönliche Wohlergehen seinerzeit nicht der Diktatur unterordnete. Schwierigkeiten in Beruf und Familie, Inhaftierung, Ausbürgerung – nichts konnte diesen charakterstarken Menschen dem System unterwerfen. Menschen seiner Art in der damaligen DDR, egal ob prominent oder nicht, setzten Freiheit und Gesundheit und sogar das eigene Leben aufs Spiel. "Sie haben ihr Publikum heute sehr überrascht. Aber wir haben uns eingehört in diesen Stephan Krawczyk, wir haben seinen leisen Tönen - auch den Zwischentönen - gelauscht. Wir haben uns eingelassen auf das Feingefühl, ihre Redefiguren und Satzschöpfungen. Dafür danken wir ihnen sehr", bedankte sich der HVD-Vorsitzenden nach einem langanhaltenden Schlussapplaus beim Gast aus Berlin. Sichtbaren Dank gab es in Form eines „Vereinsweins“, einer „Stracken“ der Datteröder Wurstscheune Meister sowie eines Spitzenkaffees der ortsansässigen Rösterei Landau, die mit dem "Ereignis Krawczyk" den Weg in die nun 25 Jahre ungeteilte Hauptstadt fanden.

Datterode ist einer der Auftrittsorte, die Stephan Krawczyk gerade in diesen Wochen besucht. In seinem Terminkalender macht es sich gut, dass der Ringgau neben diversen großen und kleinen Städten der Republik und des Auslandes platziert ist, liegen wir doch sprichwörtlich in der Mitte Deutschlands und Europas. Stephan Krawczyk verweilte nach dem Auftritt noch länger als zunächst beabsichtigt, stellte sich dem Gespräch, signierte Bücher und CDs. Viele Gäste blieben in der Folge beisammen, um die konzertante Lesung Revue passieren zu lassen, aber auch zu erzählen, wo sie vor 25 Jahren waren, als der „Eiserne Vorhang“ fiel, die verhasste und trennende Grenze ihren Schrecken verlor und die hoffentlich letzte Diktatur auf deutschem Boden vom Volk in die Geschichtsbücher verabschiedet wurde.

Der großartige Nachmittag beim HVD war zweifellos ein kultureller Glanzpunkt für die Kommune. Für das Gelingen bedanken wir uns bei allen Besucherinnen und Besuchern, den Sponsoren und den helfenden Händen sehr herzlich – und natürlich bei unserem Zeitzeugen, Stephan Krawczyk, dem es nach eigenem Bekunden eine große Freude war, für und mit diesem tollen Publikum diesen Nachmittag so erfüllend zu gestalten.

Wer nicht dabei war, hat ohne Zweifel etwas Grandioses verpasst …

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