Im Dorf der Vorfahren

Familie aus Pennsylvania auf Spurensuche

Dr. Alan Westheim mit Ehefrau Adrienne, Tochter Sara und Sohn Jared nutzten Anfang Juni 2017 einen Deutschlandtrip, die Wohnorte der Vorfahren aufzusuchen. Die langjährigen Kontakte zu David Westheim, Bruder Dr. Westheims, legten die Betreuung bei der Stippvisite durch den HVD-Vorsitzenden nahe.

Die Westheims entstammen einer jüdischen Familie, die über Generationen in Abterode beheimatet war. Aus den Familien gingen Kinder und Kindeskinder hervor. So auch der bekannte Kunstkritiker und Publizist Paul Westheim. Durch Heirat entstand „über einige Ecken“ auch eine Verwandtschaft zur Datteröder Familie Pfifferling, was das Forscherinteresse des HVD erklärt.

Wie viele der jüdischen Familien der letzten Jahrhunderte waren auch die Westheims Handelsleute. In Abterode lässt sich die Händlerdynastie Westheim bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Über Lehmann (genannt Lemmle), David (Issachar Dov) und Lehmann David Westheim führt die familiäre Spur zu David und Dina Westheim (sie leiteten das Konfektionsgeschäft zunächst gemeinsam mit Vater bzw. Schwiegervater; nach dessen Tod [1922] führten sie den Textilbetrieb allein), Groß- bzw. Urgroßeltern der Besucher. David und Dina immigrierten 1939 noch vor der deutschen Besetzung in die Niederlande, wurden aber dort März 1943 inhaftiert und im April über das Lager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und ermordet.

Die letzten in Abterode geborenen Westheim-Kinder aus dieser Linie waren Alfred (*1908 +1989 in Kalifornien), Alice (*1909 +1943 in Sobibor ermordet), Eleonore (*1912 +1996 in New York) und Benno (*1909 +2005 in Florida), der immigrieren konnte und Hedwig Nußbaum aus Neumorschen heiratete. Diese konnte 1938 über Holland zusammen mit ihrer verwitweten Schwiegermutter Auguste Deutschland verlassen. Benno und Hedwig bekamen drei Söhne. Jerome, David und eben den jetzigen Besucher Alan.

Das erste Wohn- und Geschäftshaus der Familie Westheim stand bei der Kirche. Das spätere, 3-stöckige Anwesen, das in der der sog. „Reichskristallnacht“ geplündert wurde, ist nicht mehr erhalten. Der erste Stammsitz konnte allerdings unschwer aufgrund eines alten Fotos identifiziert werden. Dieses zeigt die später ermordete Dina Westheim (geborene Spangenthal aus Spangenberg) vor dem Haus der Schwiegereltern, Lehmann David und Rosa (geborene Lorge aus Harmuthsachsen).

Den Abschluss in Abterode bildete der Besuch des jüdischen Friedhofs, wo man der Vorfahren gedachte, indem man dem jüdischen Brauch folgend Steine auf die vorhandenen Grabmale legte. Ein emotionaler Moment auf einem sehr beeindruckenden Friedhof.

Angetan von unserer herrlichen Landschaft und ausgestattet mit Informationsmaterial zu Werra und Meißner fuhren die Gäste aus den USA weiter nach Morschen, um den nächsten Tag auf Spurensuche in Neumorschen, Spangenberg und Melsungen zu verbringen. Aus Neumorschen kamen Alan Westheims Vorfahren mütterlicherseits, die Familie Nußbaum. Dank der Vermittlung von Herrn Eckhardt Preuschhof, Vater der Datteröder Pfarrerin und Historiker, der bereits vor Längerem zur Geschichte der Familie Nußbaums veröffentlicht hat, konnten die Westheims auch das Haus der Vorfahren besichtigen.

[1] Quelle: LEO-BAECK-INSTITUE

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