Datteröder Soldaten in Amerika

Die „verkauften Hessen“, so nannte man jene Soldaten, die vom hessischen Landgrafen Friedrich II. auf Grund eines Subsidienvertrages (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Soldatenhandel_unter_Landgraf_Friedrich_II._von_Hessen-Kassel und http://www.kriegsreisende.de/absolutismus/hessen.htm ) mit England im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) gemeinsam gegen die Amerikaner kämpften. Im Gegensatz zur Darstellung im Film zu diesem Thema „Der Winter, der ein Sommer war“, sprachen diese die „echten Hessen“ nicht Frankfurterisch, sie kamen fast ausnahmslos aus Nordhessen 2. Die Anwerbemethoden, die im besagten Film gezeigt werden, zeigen preußische Methoden und entsprachen nicht denen, wie sie in Nordhessen verwandt wurden. Zur Rekrutierung war das Land in „Cantone“ eingeteilt, in denen das jeweils zuständige Regiment Rekruten anwerben durfte. Standen in einem Canton nicht genügend junge Männer zur Verfügung, konnte der Landgraf bzw. „Das Kriegs-Collegium“ veranlassen, dass in einem anderen Canton angeworben werden durfte. Vor dieser Regelung kam es vor, dass die Werber mit verwerflichen und unerlaubten Methoden angeworben haben, um eine hohe Werbeprämie zu kassieren. Die so angeworbenen Soldaten zeichneten sich dadurch aus, dass sie häufig desertierten oder zu den Amerikanern überliefen. Vielmehr waren die Werber angewiesen, möglichst viele Nichthessen anzuwerben, weil die 20 000 Soldaten, die der Landgraf stellen musste, ein erheblicher Aderlass für das kleine Hessen gewesen wären. So erklärt es sich auch, dass in dem Namensregister jener Truppenteile ein großer Anteil „Söldner“ zu finden ist, der nicht nur aus deutschen Ländern, sondern aus ganz Europa kam.

Es wurden nur Männer zwischen 16 und 30 Jahren, die gesund und kräftig waren, angenommen. Sie mussten mindestens „5 Schuhen 6 Zollen Preußischen Maaßes“ (knapp 1,60 m) groß sein. Die jüngeren durften 2 Zoll kleiner sein, wenn zu erwarten war, dass sie noch wachsen würden. Ausgenommen von der Werbung waren einzige Söhne, Lehrlinge, Studenten, Gesellen, die den Betrieb einer Witwe führten, ferner Bergleute, Kesselschmiede, Hoferben, fleißige Salzfahrer und Knechte, sowie Bedienstete in herrschaftlichen Häusern.

Was hat der Landgraf mit den eingenommenen Subsidiengeldern gemacht, die er für die Soldaten bekommen hat? Er hat dasselbe getan, was andere Fürsten auch getan haben, er hat seine Residenzstadt zu dem ausgebaut, was die späteren Generationen an Kassel bestaunt haben, nämlich schöne Gebäude und Anlagen geschaffen. Einen Teil dieser Gelder verwendete er auch für soziale Einrichtungen. Insgesamt zahlte England an Hessen 21 Millionen Reichstaler; damit wurden nicht nur die Schulden getilgt, sondern auch Rücklagen gebildet, die es ermöglichten, dass nur geringe Steuern erhoben wurden. Das änderte sich erst 1866, als die Preußen kamen.

Bei der Durchsicht dieser Listen fällt auf, dass es sich vielfach um Männer handelt, die aus armen Familien stammen; so finden wir oft, dass gleich mehrere Söhne von Tagelöhnern, Hirten und Bergleuten sich für Amerika freiwillig gemeldet haben. Das trifft auch für eine große Zahl von nichterbberechtigten Bauernsöhnen zu, auch da tauchen die Namen von Brüdern auf. Wir können davon ausgehen, dass es sich bei diesen Soldaten weniger um Abenteurer als um die nackte Existenzfrage gehandelt hat. Mancher dieser Männer erhoffte im Stillen, durch den Einsatz in Amerika, die Freiheit und darüber hinaus Grund und Boden zu erwerben, um als Farmer ein besseres Leben zu führen. Denn man wusste schon recht früh im Hessenland, dass vom amerikanischen Kongress den Überläufern je nach Dienstgrad neben den vollen Bürgerrechten auch eine Belohnung in Form von Landflächen versprochen war. Dafür sprechen die Zahl der Überläufer und die Tatsache, dass Brüder, Verwandte und Freunde am selben Tag übergelaufen sind. Mancher dieser Männer hat es in Amerika zu Reichtum und Wohlstand gebracht und später seine Angehörigen nach drüben geholt.

 

Es folgen die Namen der Soldaten aus Datterode, die als die sogenannten „verkauften Hessen“ im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) an der Seite der Engländer gegen die um Unabhängigkeit von England kämpfenden Amerikaner eingesetzt waren. Fast alle erhielten ihre militärische Ausbildung im Regiment „Erbprinz“, das damals in Eschwege stationiert war. Der Weg nach Amerika wurde zunächst im Fußmarsch bis Witzenhausen, dann auf Kähnen bis Bremen-Lehe fortgesetzt. Von da ging es mit Segelschiffen über den Atlantik.

 

1

Beck, Johann Georg; Leinweber; *26.08.1757, +07.03.1839;
cop. 27.06.1784 mit Anna Elisabeth Köhler

im Regiment von Bünau3, rekrutiert im Oktober 1778, 1783 noch genannt

2

Bornhaus, Andreas; *22.01.1752

im Regiment Erbprinz4, 1775 beurlaubt, im Januar 1776 zu den Amerikanern übergelaufen

3

Bornhaus, Christoph; *14.10.1757

im Regiment Erbprinz, im Mai 1783 in Gefangenschaft geraten und zu den Amerikanern übergelaufen 5

4

Bornhaus, Johann Eobald; Schreiner; *28.10.1751, +07.01.1831, cop. 12.06.1796 mit Dorothea Elisabeth Eitzeroth

1783 im Regiment von Bünau,
1785 im Regiment Erbprinz genannt

5

Bornhaus, Georg; *28.05.1749

1775 im Regiment Erbprinz genannt; im Mai 1783 in Gefangenschaft geraten und zu den Amerikanern übergelaufen

6

Bornhaus, Jacob; *17.06.1753

1775 im Regiment Erbprinz, im Juni 1777 in Amerika an Krankheit oder Unfall gestorben

7

Bornhaus, Jacob; *10.05.1759

im Regiment Erbprinz, im Mai 1783 in Gefangenschaft geraten und zu den Amerikanern übergelaufen

8

Ebel, Johann Georg; *06.03.1754

im Regiment Erbprinz, im Oktober 1781 zu den Amerikanern desertiert

9

Eisenträger, Johann Conrad; *08.03.1751

im Regiment von Bünau 1775 genannt, im November 1776 nach Verwundung gestorben

10

Eitzeroth, Johann Conrad; *20.08.1754

im Regiment Prinz Carl August6 1781 und 1783 erwähnt, im Oktober 1783 in Amerika an Krankheit oder Unfall gestorben

11

Fischer, Jacob; *15.01.1757, cop. 25.02.1785 Langenhain mit Anna Elisabeth Appel

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt; unsicher, ob in Amerika gewesen

12

Funck, Johann Caspar; *18.12.1747

Grenadier im Bataillon von Minnigerode7, im Juni 1778 desertiert

13

Funck, Johann Henrich; *28.03.1756

im Regiment Erbprinz, im Mai 1783 in amerikanische Gefangenschaft geraten und desertiert

14

Jacob, Johann Peter; *28.11.1754

im Regiment Erbprinz, im Mai 1783 von den Amerikanern gefangen genommen und zu diesen übergelaufen

15

Karges, Johann Paul; *04.01.1753

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt, im August 1776 gefallen

16

Köhler, Reinhard; *06.02.1739

Grenadier im Bataillon von Linsingen8, 1776 und 1783 genannt

17

Lange, Johann Peter; Leineweber und Gerichtsschöffe; *19.12.1752, +01.12.1801, cop. 04.02.1787 mit Anna Catharina Wand

als Grenadier im Bataillon von Minnigerode 1775 und 1783 genannt

18

Meingut, Johannes; *ca. 1730, konf. 1745 Datterode, Familie sonst in Datterode nicht bekannt

Feldwebel, 1775 im Regiment von Knyphausen9, 1785 von Donop10, im Februar 1777 von den Amerikanern gefangen, aber offenbar wieder frei gelassen worden

19

Mosebach, Johann Eobald; Leineweber und Tagelöhner; *18.09.1754, cop. 22.08.1785 mit Ottilia Hose

1783 als Grenadier im Bataillon von Minnigerode genannt

20

Müller, Andreas; Zimmermann; *21.05.1756, +16.06.1807, cop. 19.03.1797 mit Elisabeth Fischer

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt, 1785 erwähnt; unsicher, ob in Amerika dabei gewesen

21

Müller, Johann Valentin; *23.09.1745, +14.01.1819 Langenhain, cop. 08.08.1784 Langenhain mit Justina Elisabeth Wencke

1775 und 1783 als Grenadier im Bataillon von Minnigerode genannt

22

Pfister, Johann Eobald; *01.02.1753

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt, im Dezember 1776 in Amerika an Krankheit oder Unfall gestorben

23

Rathgeber, Martin; *ca. 1749, konf. 1763 Datterode

1775 im Regiment Erbprinz genannt

24

Rehbein, Justus; *ca. 1755

im Januar 1781 beim Regiment Rall11 rekrutiert, im Oktober 1783 als Tambour beurlaubt, Herkunftsort auch Vatterode (!) genannt

25

Schmidt, Johann Conrad; Leinweber und Tagelöhner; *10.08.1752, +27.12.1832, cop. 26.03.1786 mit Maria Catharina Fey

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt

26

Schneider, Christoph; Geburtsdatum unbekannt

im Regiment von Bünau, im Oktober 1776 auf der Überfahrt gestorben

27

Schreiber, Johann Christoph; *03.01.1754

im Regiment Erbprinz, wurde im Mai 1783 gefangen genommen und lief zu den Amerikanern über

28

Schreiber, Johann Eobald; Ackermann und Leinweber; *11.07.1751, +05.04.1796, cop. 1) 23.02.1773 mit Catharina Elisabeth Schmidt, cop 2) 04.08.1782 mit Anna Maria Beck

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt

29

Stück, Johann Nicolaus; Tagelöhner; *03.12.1736, +11.01.1807, cop. 16.05.1785 mit Anna Martha Bilgram

im Grenadier-Bataillon von Linsingen, 1776 Korporal, im Juni 1782 zum Capitain d’Armes befördert, als solcher 1783 genannt

30

Vogelgesang, Paul; Leinweber und Taglöhner; *ca. 1753, +22.11.1806, cop. 12.12.1784 mit Anna Catharina Munck

1775 und 1783 im Regiment von Bünau genannt

31

Vogler, Johann Caspar; *12.08.1736

1774 und 1775 als Füselier und Gemeiner im Regiment von Knyphausen genannt, im September 1776 in Amerika an Krankheit oder Unfall gestorben

32

Vogler, Johann Henrich; *21.05.1752

im Regiment Erbprinz, 1775 beurlaubt, im Mai 1773 von den Amerikanern gefangen und zu ihnen übergelaufen

 

Von diesen 32 jungen Datteröder Männern starb einer auf der Überfahrt, nur 31 kamen wirklich in Amerika an. Nur zwei von ihnen fielen im Kampf, vier starben an Krankheiten oder Unfällen. Zehn junge Männer – also ein Drittel – zogen es vor, ihrer alten Heimat den Rücken zu kehren und ihr Glück in der neuen Welt zu versuchen: Sie liefen zu den Amerikanern über, zum Teil, nachdem sie in Gefangenschaft geraten waren. Ein Gefangener wurde wieder frei gelassen. Von den 31 jungen Soldaten kehrten also 15 nach Hause zurück.

 

Die folgenden acht Datteröder sind zwar in den Listen erfasst, können aber wegen ihres Alters oder aus anderen Gründen nicht in Amerika gewesen sein:

1

Bachmann, Johann Henrich; Tagewächter; *31.05.1755, +01.12.1828, cop. 22.02.1784 mit Catharina Elisabeth Fey

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt, offensichtlich nicht mit in Amerika gewesen

2

Bachmann, Johann Martin; Tagelöhner; *24.09.1751, +vor 1796, cop. 27.02.1780 mit Dorothea Elisabeth Eitzeroth

1775 im Regiment Erbprinz erwähnt; geht man vom Heiratsdatum aus, so ist er wohl nicht in Amerika gewesen

3

Baum, Johann Eobald; *23.07.1767

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt, sicher nicht in Amerika gewesen

4

Ebel, Andreas; Leinweber und Gerichtsschöffe; *29.08.1765, +20.05.1816, cop. 17.10.1795 mit Catharina Elisabeth Bornhaus

Januar 1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) aufgeführt und mit Sicherheit nicht in Amerika gewesen

5

Hose, Johann Henrich; Kuhhirte und Tagelöhner; 14.02.1763, +09.05.1808, cop. 05.03.1789 mit Martha Elisabeth Methe, Röhrda

1783 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) erwähnt, nicht mit in Amerika gewesen

6

Lotz, Johann Christoph; Tagwächter und Lattenschneider; *13.05.1764, +09.01.1844, cop. 22.02.1787 mit Barbara Juliane Knauf

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt, nicht in Amerika dabei gewesen

7

Müller, Jakob; *ca. 1765

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt, war nicht in Amerika

8

Munck, Johannes; Leineweber; *13.11.1763, +21.02.1837, cop. 06.01.1788 mit Anna Martha Elisabeth Schreiber

1785 im Regiment Prinz Friedrich (Erbprinz) genannt, nicht mit in Amerika gewesen




1Karl Gier, Karl Kollmann und Herbert Lamprecht in  „850 Jahre Datterode“, Der Festausschuss Datterode, Verlag Friedrich Gajewski, 1991; erweitert um ergänzende Informationen durch den Heimatverein Datterode e. V.

4 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.org/uniformerbprinz.html

6 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.org/uniformprinzcarl.html

7 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.org/uniformminnigerode.html

8 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.org/uniformlinsing.html

9 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.org/uniformknyphausen.html

10 zu Uniform und Standorten vgl. http://www.vondonop.orggl./uniformdonop.html

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