Die Hüte-Frau

Bis zum 1. Weltkrieg war Anna Wieditz, die „Hut-Anne“, als Gänsemagd tätig. Im Frühjahr, wenn sich das erste Grün zeigte, unter anderem Huflattich und der Löwenzahn, im Volksmund „Gänsebüsche“ genannt, wurde sie aktiv.

Am frühen Morgen zog sie mit einem langen Stock, an dem ein roter Lappen befestigt war, durch das Dorf. Aus den einzelnen Höfen folgten ihr dann die Gänse in den Hasselbach, den Harmuthsbach und immer wieder hinauf auf die „Liesewellen“, ein gemeindeigenes Grundstück, das heute noch im Kataster als Gänserasen ausgewiesen ist.

Im Herbst zog sie dann mit ihrer Gänseschar über die Stoppelfelder, so dass kein Körnchen liegen blieb. Spätnachmittags ging es dann wieder zurück ins Dorf bis zum Anger. Nach einem erfrischenden Bad in der Netra machten sich dann die Gänse allein auf den Heimweg.

Während der Wintermonate  besuchte die „Hut-Anne“ im Wechsel einmal wöchentlich ihre Kundschaft. Schon im Hausflur machte sie sich mit dem Ruf „der Ründgang ess do (der Rundgang ist da)“ bemerkbar. Für ihre Tätigkeit bekam sie jeweils einen Laib Brot und pro Gans zwei Groschen (zwanzig Pfennig).

Noch bis in die 1960er Jahre wurden auch in Datterode noch viele Gänse gehalten. Am Morgen marschierten sie ohne Führung zum Anger und am Abend wieder zurück in den heimischen Stall. Eine Gans soll beim Überqueren einmal böse Erfahrungen mit einem Auto gemacht haben. Wenn die Gans in der Folge in die Nähe der Kreuzung kam, soll sie sich nach Zeugenangaben nach ein paar Dribbelschritten in die Luft erhoben, die Hauptstraße überflogen haben und bis zum Anger, manchmal auch gleich in den Bach, gesegelt sein. Von wegen „dumme Gans“!

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