Aus dieser doch recht spärlichen Überlieferung wollen wir nun versuchen, uns ein etwas genaueres Bild über die der Burgkapelle geschenkten Güter zu machen. Datterode hat also bereits im Jahr 1188 eine Kapelle mit Besitz in den erwähnten Ortschaften. Wahrscheinlich hatte der Landgraf von Thüringen unter der Kapelle in Datterode seinen Streubesitz dieser Umgebung vereint, konnte jedoch diese Besitzungen nicht weiter ausbauen, aber auch schlecht gegen Übergriffe sichern. Unter diesen Gesichtspunkten ist sicher der Verkauf an das Reich zu verstehen. Datterode ist bestimmt keine gewachsene Siedlungsgründung. An einer strategisch wichtigen Stelle im Netratal entstand eine Wehrkapelle, deren sie umgebende Häuser so angeordnet waren, dass ein wehrbarer Innenhof um das Gotteshaus entstand. Fast alle Häuser müssen der Pfarrei Dienst leisten und auch Naturalabgaben entrichten.
Eine Unterscheidung der Güter für Geilental und Kirchberg vorzunehmen, ist vorerst noch nicht möglich. Beide Orte sind in der Gemarkung Bischhausen bei Waldkappel aufgegangen. Um 1570 zinst Junker Reinhart von Boyneburg für ein Land: „Hans Tholle hat ½ Hufe und Lorentz Schlechters Frau ebenfalls l Hufe. Die Länder liegen in den Feldfluren: vor dem Cornberge, in der Aue, vor dem Daßbach, unter dem Wehrberge, vor dem Wehre, im Pfauenthal, auf dem hohen Raine und am Sonder.“ In späterer Zeit wurde von einigen Forschern der Ort Geilental in der Urkunde falsch gelesen und mit Gertental wiedergegeben.
Auch die Güter zu Rateshagen und Wellershausen können nicht genau getrennt werden, da deren Fluren in der Gemarkung Wichmannshausen aufgegangen sind. Der Ort Rateshagen lag an der Gemarkungsgrenze von Datterode und Wichmannshausen in Richtung der Boyneburg. Eine Grenzbeschreibung aus 1481 erwähnt schon den „Roddeshayn" an dieser Stelle. Wellershausen lag ebenfalls an der Gemarkungsgrenze zwischen Datterode und Wichmannshausen an der jetzigen Straße nach Netra. Auch hier geben die Datteröder Pfarrzinsen Aufschluss und nennen folgende Flurnamen: In der langen Wiese am Haubers Wege, am Natter Wege, an der Stockwiese, vor dem Regelstal, in dem Rothshayn, zu Wellershausen, an dem Beugelsrasen, unter dem hohen Eichelberge und die Stockwiese.
Die Lage der Wüstung Alboldeshausen konnte bis heute nicht genau festgestellt werden. Um 1570 geben noch Netraer Bauern die fälligen Zinsen und so ist zu vermuten, dass die Wüstung auch in dieser Gemarkung gelegen hat. Der Besitz ist eine halbe Hufe groß und liegt in den Fluren Dornliete und Streitäckern, direkt an der Grenze nach Rittmannshausen. Da in der Nähe noch eine Flurbezeichnung „im wüsten Dörfchen" erhalten ist, kann man eventuell einen Zusammenhang annehmen.
Die Besitzungen in Röhrda erstrecken sich nach dem Register von etwa 1570 auf Haus und Hof des Caspar Wigand, ein Land des Oswald Rathgeber und eine Wiese mit Triesch auf der Hellmühle, die Hans Sauers Frau in Besitz hat. Dem Namen Bilnirst begegnen wir nur in der Stiftungsurkunde. Eine Lokalisation für diesen Besitz durchzuführen, blieb bisher erfolglos. Das Register um 1570 zeigt uns jedoch die Lösung. Wir wissen von der Schenkung, dass die Pfarrei ein Drittel eines Waldgebietes besitzen muss. Falls kein Verkauf oder Tausch stattgefunden hat, muss dieser ja bei den Pfarrzinsen wieder auftauchen. In unserem Register erscheint jedoch kein Wald, dafür aber 57 Acker „wildes Land" oder auch Rodeland genannt, das an verschiedene Einwohner in Röhrda gegen geringen Zins ausgeliehen ist und sich auf dem Pfifferberg befindet. Dieses Berggebiet zwischen Datterode und Röhrda ist heute noch teilweise bewaldet und es ist mit Sicherheit nicht anzunehmen, dass sich bereits im Jahr 1188 bearbeitetes Land auf dem Bergrücken befunden hat. Hier wurde vielmehr nach der Schenkung der Wald gerodet und das so gewonnene Land gegen Zins abgegeben. Den Namen Bilnirst vermute ich als sprachlichen Überrest aus dem Wendischen, der im Laufe der Zeit in der jetzigen Bezeichnung aufgegangen ist.
An dem gesamten Güterbesitz, den die Kapelle auf der Boyneburg durch diese Schenkung erhielt, können wir uns ein Bild machen, dass das Einkommen recht beachtlich war. Sicherlich haben die Boyneburger Burgherren diese lukrative Pfründe Mitgliedern des weit verzweigten eigenen Hauses übertragen, die sich dann jeweils einen eigenen Priester für den kirchlichen Dienst hielten. Die erste namentliche Nennung erfolgt 1253, als Heinrich als capellanus auf der Burg erwähnt wird.
Zwischen 1255 und 1272 wird Dietrich als plebanus in mehreren Urkunden genannt. Mit Heymbrad von Boyneburg, als plebanus zwischen 1317 und 1322 erwähnt, erscheint zum ersten Mal auch ein namentlich genanntes Mitglied der Boyneburgischen Familie. Er war zugleich Propst des Klosters Germerode. Mit ihm scheint auch schon die Reihe der Pfarrherrn auf der Boyneburg zu enden. Bereits im Jahr 1353 nennt sich Johann von Meimbressen Pfarrherr zu Datterode und fortan werden nur noch die Herren dieses Ortes genannt. Dieser Wechsel von der eigentlichen Mutterkapelle auf der Burg in die Filialgemeinde Datterode scheint nicht freiwillig erfolgt zu sein. Die Gründe sind uns bis jetzt unbekannt. Vielleicht wurde die Kapelle auf der Burg doch nicht mehr so stark frequentiert. Auch war ja direkt unterhalb der Burg in Harmuthshausen unter der Obhut der Familie von Boyneburg eine Kapelle entstanden, die mehr und mehr die Funktion der Burgkapelle übernahm.
Anfang des 15. Jahrhunderts begann dann auf der Boyneburg die Zeit des großen Umbruchs. Die Kapelle im nahegelegenen Harmuthshausen wurde zerstört, die Liebfrauenkapelle in Netra und die Martinskirche in Röhrda, die wahrscheinlich beide als die Hauskapellen der Boyneburgischen Familien anzusehen sind, zerfielen. Der Streit um die Besitzansprüche der Kirche in Datterode blieb ohne Erfolg. Obwohl der Drang der Familien von der Burg weg und hinab auf die bäuerlichen Sitze
in die Täler sich bereits abzeichnete, entschlossen sich Herman, Philipp und Heimbrod von Boyneburg, erneut einen kirchlichen Dienst auf der Burg ins Leben zu rufen. Sie stifteten am Tage feria sexta nach dem Sonntag Quasimodogeniti im Jahr 1437 eine Kapelle und statteten den Altar der heiligen drei Könige und der Ritter Sebastian und Georg mit einer Reihe von Gütern aus. Herman von Buchenau, Mainzischer Commisarius, bestätigte im Jahr 1438 in Erfurt diese Stiftung und befreite sie von allen weltlichen Beschwerungen. Über die Lage und auch Ausstattung der ersten im Jahre 1188 eingerichteten Kapelle können wir uns noch kein genaues Bild machen. Von dieser zweiten Stiftung sind jedoch noch heute einige wenige Überreste vorhanden. Sie befand sich direkt über dem letzten Eingangstor zur inneren Burg direkt neben dem Turm. Die Lage über dem Eingangstor war bei den Burgenbauern beliebt, sollte sie doch den Feind von der Zerstörung dieses so wichtigen Eingangsteils abhalten. Der Zugang war über eine Treppe vom Burginnenhof. Durch eine Spitzbogentür gelangte man dann in den eigentlichen Kapellenraum. Erhalten sind noch die Überreste eines kleinen aus Bundsandstein gearbeiteten Sakramentshäuschens und zwei spitzbogige Fenster. Sicher war die gesamte Ausstattung recht einfach und schlicht.