Der erste in den Quellen aufgeführte Pfarrer wird in Anwesenheit eines Kaisers und seiner Berater, seines umfangreichen Hofstaates in sein geistliches Amt eingeführt. Niemals wieder hat in unserem Bereich ein Pfarrer seinen Dienst von kaiserlichem Glanz umstrahlt angetreten. Dieser Kaiser war Friedrich I. von Staufen, genannt Barbarossa. Dreimal hat er, einer der bedeutendsten Fürsten auf dem Kaiserlichen Thron, und zu seiner Zeit der mächtigste Mann des damaligen Abendlandes, die Boyneburg besucht. Am 13. Juni 1188 anlässlich seines dritten Aufenthaltes wird die auf seine Anordnung erbaute Burgkapelle durch einen der anwesenden hohen Geistlichen feierlich geweiht und ihrer Bestimmung übergeben (vgl. „Die Kapelle auf der Boyneburg“). Typisch für Barbarossa und seine Auffassung des von ihm bekleideten Amtes ist, dass er als Kirchenpatrone die beiden ranghöchsten Heiligen bestimmt, Maria und Petrus. Zugleich trifft er eine, in ihrem Kern bis heute Früchte tragende Entscheidung, indem er den Lebensunterhalt des Burgkaplans materiell absichert. Das geschieht durch Zuweisung von Grundbesitz, den Barbarossa teils dem Reichsbesitz entnimmt, teils bei Landgraf Ludwig II. von Thüringen ankaufen lässt. Zugleich erweitert er diesen Grundbesitz durch Verleihung von „Gerechtigkeiten“ (Fischerei, Jagd und Gerichtsbarkeit). Der gestiftete Grundbesitz, der hier im Einzelnen nicht aufgezählt werden kann, befand sich in den heutigen Gemarkungen Bischhausen, Wichmannshausen, Netra, Röhrda und Datterode. In Datterode wird gesondert die Kapelle samt allen ihren Besitzungen genannt. Die Stiftungsurkunde liefert damit den Beweis für das Vorhandensein eines gottesdienstlichen Gebäudes in Datterode und damit auch auf eine dort vorhandene christliche Gemeinde. Herbert Lamprecht, der wie kein anderer sich um die Erforschung der Geschichte von Datterode verdient gemacht hat, fasst seine Erkenntnisse so zusammen, dass unser Dorf keine gewachsene Siedlungsgründung sei, sondern dass an einer strategisch wichtigen Stelle im Netratal eine Wehrkapelle entstand, deren sie umgebende Häuser so angeordnet waren, dass ein wehrhafter Innenhof um das Gotteshaus entstand.
Bedauerlicherweise ist der Burgkaplan, der mit diesem, das übliche Maß übersteigende Pfründeneinkommen erstmalig versorgt wurde, in der Gründungsurkunde namentlich nicht genannt. Als erster Kaplanus in Boyneberc wird 1253 ein Theologe mit Namen Henricus in den Akten des Klosters Germerode als Zeuge einer Beurkundung erwähnt. Zwei Jahre später, 1255, erscheint in einer in Creuzburg ausgefertigten Kaufurkunde Theodoricus (Theodor), der als Plebanus der Bomeneburg bezeichnet wird. Der titelmäßig über den Kaplan hinausgehende Plebanus deutet auf eine Einbeziehung von Datterode hin. Wegen ihrer Ausnahmestellung werden die Inhaber der Pfarrstelle Boyneburg und Datterode auch in der folgenden Zeit keineswegs vollständig, aber doch häufiger als die übrigen Pfarrer des Ringgaus genannt.
Erster mit Vor- und Zuname bekannter Geistlicher ist Heymbrod von Boyneburgk um 1326, ein Angehöriger der Burgherrenfamilie. Er ist in seinem Hauptamt der Propst des aufblühenden Prämonstratenserkloster Germerode. Vermutlich beginnt mit ihm die Reihe derjenigen Theologen, vielleicht auch Nichttheologen, die sich als Männer von Rang und Namen die so hervorragend dotierte Pfarrstelle Datterode mitsamt der Kaplanei auf der Boyneburg verleihen ließen, aber durchaus nicht die Absicht hatten, die persönlich von ihnen zu erbringenden seelsorgerlichen Gegendienste zu leisten. Mit Billigung, mindestens mit stillschweigender Duldung des Mainzer Erzbischofs übertrugen sie die geistliche Versorgung der Burgbewohner und der kleinen Gemeinde Datterode einem Hilfsgeistlichen, zumeist Vikar genannt, den sie in der Regel kümmerlich besoldeten. Wohnung und Verpflegung wird ihm zunächst die Familie von Boyneburg zur Verfügung gestellt haben, lag doch der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf dem Dienst an den Burgbewohnern. Auch die für einen katholischen Geistlichen vorgeschriebene täglich zu haltende Messe wird in der Regel in der Barbarossa-Kapelle auf der Burg gefeiert worden sein. Die seelsorgerliche Betreuung der wenigen Einwohner von Datterode dürfte in dem Rahmen wahrgenommen sein, wie er heutzutage für ein Filialdorf üblich ist.
Mitte des 14. Jahrhunderts bezeichnet sich Johann von Meimbressen als Pfarrherr von Datterode. Es ist das die Zeit, in der der hessische Adel, soweit er Burgen bewohnte, seine Burgberge verlässt und in einem seiner Dörfer in neu erbauten Herrenhäusern ansässig wird. In jenen Jahrzehnten des Wandels auf vielen Gebieten wird sich der für die Burg wie für die Gemeinde ernannte Hilfsgeistliche (Vikar) endgültig in Datterode niedergelassen haben, während der eigentliche Stelleninhaber irgendwo in einer Stadt oder in einem reichen Kloster ein weit angenehmeres Leben führte, als es ihm die halbverlassene Burg und die abgelegene Siedlung Datterode bieten konnten.
Erstaunlich, dass ausgerechnet zu jener Zeit, als man anfängt, den Burgberg zu verlassen, die drei Brüder Hermann, Philipp und Heymbrod von Boyneburgk im Jahre 1437 anstelle der inzwischen zerfallenen Barbarossa-Kapelle eine neue Kapelle planen und erbauen. Von dieser zweiten Kapelle sind bis heute die Überreste eines kleinen Sakramentshäuschens und zwei spitzbogige Fenster erhalten. Für den Unterhalt des Priesters stiften sie selbst pro Jahr eine bestimmte Menge Getreide (Korn und Hafer) und veranlassen zugleich von ihnen abhängige Einwohner von Datterode und Röhrda (etwa 13 Männer), sich mit Abgaben von Frucht und Geld an dem zur Ehre Gottes errichteten Gotteshauses zu beteiligen.
Wenig wissen wir über die Vikare, die in der neugegründeten Burgkapelle, wie vor allem in Datterode von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Reformation Dienst tun. Wir kennen lediglich sechs Namen. Der letzte Burggeistliche wird 1519 genannt, sein Name war Bartholomäus Schilling.
Diese Abarten geistlichen Dienstes setzten sich bis zum letzten katholischen Pfarrstelleninhaber vor der Reformation fort. Es ist das der Kanonicus Konrad Schroteisen, der dem Domkapitel in Fritzlar als Mitglied angehört. Auch er lässt sich die Pfarrstelle Datterode übertragen, obwohl auch er gar nicht daran dachte, das behagliche Leben in Fritzlar mit dem Dienst im Ringgau zu vertauschen. Letzter von ihm unterhaltener katholischer Kaplan ist Adam Becker, der von 1510 bis 1528 den seelsorgerlichen Dienst tut, aber nicht, wie es zumeist geschah, in dieser Zeit an diesem Dienstort sich dem Protestantismus zuwendet. Auch er unterstand ja, wie seine Amtskollegen in den Nachbardörfern, einschließlich der Stadt Sontra, dem Erzpriester von Röhrda, der wiederum dem Archidiakon von Dorla, heute Oberdorla bei Mühlhausen, untergeordnet war. Gemäß der Sonderrolle, die der Geistliche von Burg und Dorf in der Person des ständig abwesenden Stelleninhabers wie des diensttuenden Vikars nun einmal spielte, werden diese sich der Dienstaufsicht des Vertreters der regionalen Hierarchie soweit wie möglich entzogen haben. Wenige Jahre vor der Reformation, in deren Ablauf sich die kirchlichen Verhältnisse grundlegend ändern sollten, tut der Kanonicus Schroteisen noch einen entscheidenden und schwerwiegenden Schritt. Zermürbt von den andauernden Streitereien mit den Herren von Boyneburgk um die Erträge der Pfarreipfründe von Datterode und außerstande, sich von Fritzlar aus gegen das mächtige Adelsgeschlecht zu behaupten, wendet er sich 1510 um Hilfe an den Landgrafen, repräsentiert durch die bedeutende Regentin Anna, die Mutter des nachmaligen Landgrafen Philipp des Großmütigen. Diese gewährt ihm den erbetenen Schutz, nutzt aber das Unterstellungsverhältnis dazu, die Pfarrei Datterode in Besitz zu nehmen und zum fürstlich Hessischen Lehen zu erklären. Mit dieser Entscheidung wehrt sie die boyneburgischen Übergriffe ab, setzt sich aber zugleich über geltendes kirchliches Gesetz hinweg.
Das Zeitalter der Reformation
Kein Ereignis in der deutschen Geschichte beginnt so fernab von der Politik und der Gesellschaft und entwickelt sich später zu einer solch umwälzenden Bewegung wie die Reformation. Die Lehre Luthers, „allein durch die hl. Schrift, allein durch die Gnade, allein durch den Glauben" publiziert durch den Anschlag jener 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg, entwickelt eine Dynamik, die das private und öffentliche Leben nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern tief umgestaltet.
Zunächst sind es Luthers Standesgenossen, ebenso wie die Weltgeistlichen, die Luthers Lehre annehmen. Bald erfasst die Welle aber auch die Bürger in den Städten, die Patrizier, Kaufleute und Handwerker. Wenig später werden auch die Bauern und Tagelöhner gewonnen, etwas zögernd der Landadel. In den Jahren 1524/25 ereignen sich im Gefolge der Reformation in einigen Gegenden Deutschlands jene bäuerlichen Unruhen, die als Bauernkrieg in die Geschichte eingegangen sind. Auch in unserer unmittelbaren Nähe, in Mühlhausen, kommt es zu einer großen Erhebung unter Thomas Müntzer, die mit dem Blutbad von Frankenhausen und der Enthauptung des Theologen und Revolutionärs Thomas Müntzer in Mühlhausen (Müntzer-Gedenkstätte) endet. Im nur wenige Kilometer entfernten Ringgau wie überhaupt in Niederhessen, ist von diesen Unruhen nichts zu spüren. Die Landgrafschaft Kassel ist politisch gesehen gesund und wird von ihrem Landesherrn Philipp dem Großmütigen tatkräftig und souverän regiert. Unter den Landesfürsten, die sich zur Lehre Luthers bekennen, ist Landgraf Philipp von Hessen die herausragendste Persönlichkeit. Bedachtsam bereitet er die Reformation unseres Landes vor. Er gestattet und fördert die freie Predigt des Evangeliums, entzieht die Pfarrer ihren bisherigen katholischen Oberen und unterstellt sie der staatlichen Aufsicht. Für den 20. Oktober 1526 lädt er die Ritterschaft, die Städte, die Klosteroberen nach der uns benachbarten Kreisstadt Homberg ein, um sich mit den Ständen seines Landes und der Kirchenversammlung, auch als Synode bezeichnet, zu beraten, nach welchen Grundsätzen die Reformation durchgeführt werden sollte. Der Marburger Historiker Walter Heinemeyer stellt dazu fest: „Die Homberger Synode ist ohne Beispiel in der deutschen Reformationsgeschichte und gehört zu den herausragendsten Ereignissen der hessischen Geschichte“. Die in Homberg dazu bestimmte und mit einem klaren Auftrag versehene Kommission erarbeitet eine für Hessen bestimmte Reformationsordnung. Von ihrer praktischen Durchführung rät Luther, dem sie Landgraf Philipp vorgelegt hatte, aus verschiedenen Gründen ab. Stattdessen setzt Landgraf Philipp Visitatoren ein, die er mit großen Vollmachten versieht. Ihre Aufgabe besteht darin, die Klöster aufzulösen und deren Insassen abzufinden. Vor allem obliegt es ihnen, die einzelnen Gemeinden zu inspizieren, die Pfarrer zu prüfen, ob sie in der Lage und willens sind, das Wort Gottes lauter und rein zu verkünden oder nicht. Ihre Kompetenz geht soweit, dass sie berechtigt sind, ungeeignete Pfarrer abzusetzen und zum Verlassen des Pfarrhauses zu zwingen. Weitere Aufgaben sind die Neuordnung des Schulwesens und die Armenfürsorge.
Ohne negative Begleitumstände wird sich in Datterode wie auch in den Nachbarorten
der Übergang von der katholischen Lehre, ihren übertriebenen Äußerlichkeiten und
auch ihren Missständen hin zum Protestantismus vollzogen haben. Mit dem Widerstand der offiziellen katholischen Kirche war ja auch nicht mehr zu rechnen. Drei Jahre vor der offiziellen Einführung der Reformation, und zwar im Jahre 1522, wird eine wichtige Entscheidung über die der Pfarrei entzogenen Güter getroffen. Landgraf Philipp ernennt Werner von Trott zu Solz zu seinem ersten Lehnsmann. Man kann sich gut vorstellen, wie dieser Hoheitsakt sowohl auf die Bewohner von Datterode, die nun weiter ihren Verpflichtungen als Lehnsleute nachzukommen hatten, wie auch die Herren von Boyneburgk gewirkt haben mag. Das umso mehr, weil sie aufs engste mit Datterode verbunden, damit auch des Patronatsrechtes in ihrem Dorf endgültig verlustig gingen.
Werner von Trott stirbt 1575, sein Nachfolger als landgräflicher Lehnsmann in Datterode wird Simon Bing. Als Rat, Kammermeister, Hofrat und Hauptmann in Ziegenhain hatte er sich große Verdienste um das Land Hessen und seinen Fürsten erworben, die nun mit der Verleihung von Pfarrei und Dorf Datterode belohnt werden sollten. Schon vorher, 1571, war er Besitzer des aufgehobenen Wilhelmitenklosters in Witzenhausen geworden. Nach dessen Tode wird Antonius von Wersabe, aus bremischem Uradel stammend und in Herleshausen
begütert, sein Nachfolger. Verheiratet mit einer Angehörigen des führenden hessischen Adelsgeschlechtes, Katharina Riedesel zu Eisenach, war er 24 Jahre Amtmann in Schmalkalden.
Die Reihe der Lehnsmänner von Datterode endet mit Kraft Melchior von Magdlungen, Hofmarschall und Rat in Kassel. Auch er stirbt, wie seine Vorgänger, ohne einen männlichen Erben, was dem Landgrafen die willkommene Gelegenheit bietet, das Lehen Datterode nunmehr für sich zu behalten. In der Überlieferung gilt als erster protestantischer Pfarrer Stephan Meister (vgl. http://www.widdershausen.de/WIDD_O_1/Dorfleben/Kirche/Pfarrer/pfarrer.HTM). Er ist zunächst in Widdershausen tätig und wechselt etwa 1528 nach Datterode, wo er bis 1569 amtiert. Es kann angenommen werden, dass er zuvor katholischer Priester war und sich schon vor seinem Amtsantritt in Datterode der reformatorischen Lehre
zugewandt hatte. Auch könnte seine Eheschließung, die im Jahre 1528 erfolgt ist (1529 wird ein Sohn geboren), ihn veranlasst haben, sich beruflich zu verändern und in Datterode einen neuen Anfang zu machen. Das wird ihm, wie auch der Mehrzahl seiner damaligen Amtsbrüder nicht leicht geworden sein. Den Gemeinden genügten die bisherigen Messpfaffen, die nur über ein Minimum von Bildung und sozialem Status verfügten, nicht mehr. Sie wollten Pfarrer, die die hl. Schrift mit ihnen lasen und sie im Sinne von Luthers Lehre und in deutscher Sprache auslegten, um sich für ihr Leben im Alltag zu stärken. Zu jedem Sonntag und so manchem Werktag eine neue Predigt anfertigen zu müssen, wird vielen von den ehemaligen katholischen Priestern nicht leicht gefallen sein. Unsere Kenntnis von dem Ablauf eines evangelischen Gottesdienstes im 2. und 3. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts ist sehr lückenhaft. Die wesentlichen Stücke waren jedenfalls die Schriftlesung, die Auslegung durch die Predigt, der gemeinsame Gesang, auch der neuen Lieder und das Gebet. Selbstverständlich, dass in dieser Zeit des Übergangs innerhalb und außerhalb des Gotteshaus
eine Fülle von katholischen Bräuchen, Sitten und Zeremonien weiter praktiziert worden sind. So beließen die Gemeindeglieder von Datterode auch die Bilder in ihrer Kirche, die das gesamte Innere ihres Gotteshauses schmückten. Stephan Meister, der ja nicht nur Pfarrer, sondern auch Haupt einer Familie war, wird derjenige gewesen sein, der zwangsläufig ein neues, ausreichendes Pfarrhaus errichtet, mindestens ein vorhandenes erweitert haben mag.
Kirchengemeinde und Pfarrer im 17. Jahrhundert
Als dritten evangelischen Pfarrer nach Vater und Sohn Stephan und Elias Meister weisen die Urkunden nach erfolglosem Protest der Boyneburger Sebastian Servestus aus, der die Stelle in den Jahren 1606 bis 1627 innehat. Zuvor hatte er 10 Jahre in Willershausen Dienst getan. In seine Amtszeit fiel die für Niederhessen hochbedeutsame Kirchenreform des Landgrafen Moritz des Gelehrten. Moritz verordnete in drei „Verbesserungspunkten“,
1. dass in seinem Land der unerbauliche Streit über die göttliche und menschliche Seite in der Person Christi endlich aufhören sollte,
2. dass die 10 Gebote nach dem biblischen Wortlaut gelten sollten, was mit dem zweiten wieder aufgenommenen Gebot „Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen“ praktisch ein Verbot aller religiösen Darstellungen bedeutete und
3. bei der Austeilung des hl. Abendmahles Brot anstelle der gewohnten Hostien genommen und das Brot, wie es auch Jesus Christus hei der Einsetzung getan habe, gebrochen werden sollte.
Der erste der drei Punkte wurde vorbehaltlos angenommen und befolgt. Im Zuge der Durchführung des zweiten Punktes ließen die örtlichen fürstlichen Beamten die wesentlichen Teile der Innenausstattung der Kirchengebäude vernichten. Lange Zeit hatten die Bürger der Dörfer und Städte vergeblich gegen diese Maßnahmen protestiert. Zutiefst erschüttert und verbittert mussten sie mit ansehen, wie ihre kostbaren Altäre, vor denen sie ihr Leben lang gebetet hatten, ihre Heiligenfigurenzerschlagen und die Taufsteineherausgeschafft wurden.
Es ist überliefert, dass die Gemeindeglieder von Datterode sich heftig gegen das Übertünchen der ihnen von Kindheit an vertrauten Wandmalereien gewehrt haben. Angesichts der besonderen Situation von Datterode, das dem Landgrafen nicht nur politisch, sondern auch kirchlich direkt unterstand, bestand überdies keine Möglichkeit, das Überstreichen des gesamten Innenraums der Kirche zu verhindern. Zudem hatte sich auch der fürstliche Rentmeister aus Eschwege persönlich nach Datterode begeben, um die Durchführung des landgräflichen Befehls zu überwachen.
Heute schon, nach fast 400 Jahren, sehen wir als Datteröder den zweiten Moritzschen Verbesserungspunkt in einem anderen Licht, als unsere Vorfahren. Durch das Tätigwerden der landgräflichen Weißbinder und ihrer Nachfolger bei den späteren Innenrenovierungen sind uns doch die Malereien erhalten geblieben und konnten 1961 freigelegt werden. Sie haben heute als vorreformatorische Kunstwerke sowie angesichts der nüchternen Inneneinrichtung der großen Mehrzahl der niederhessischen Gotteshäuser einen großen Wert, zumal sie ziemlich vollständig erhalten sind. Dass nicht alle Menschen von der Art der Darstellung der Figuren und biblischen Szenen angetan sind und eine übliche Ausmalung vorziehen würden, sei nur am Rande vermerkt. Der dritte der Verbesserungspunkte schrieb vor, beim hl. Abendmahl statt der Hostie Brot zu verwenden, und dieses Brot zu brechen. Diese Anordnung traf im Werraland auf heftigen Widerstand, fürchtete man doch, dass mit dem Ersatz der Hostie durch das „gemein Speisbrot“ die leibliche Gegenwart Christi im Sakrament aufgegeben und dieses damit zu einem reinen Gedächtnismahl umgewandelt werden sollte. So kam es in einer großen Zahl der Gemeinden zu Abmahnungen und Verhaftungen von Pfarrern. In einigen Dörfern wurden sie abgesetzt und gezwungen, sich außerhalb der Landgrafschaft eine neue Pfarrstelle zu suchen. Demgegenüber blieb in Datterode, wie es scheint, in dem Abendmahlstreit alles ruhig, anders, als etwa in Röhrda oder Netra. Der Pfarrer Sebastian Servestus, offensichtlich von Geburt Nichthesse, hielt sich aus den Streitigkeiten heraus und fügte sich in das Unabänderliche. Nach seinem Weggang erhielt er 1627 einen interessanten Nachfolger in der Person des Pfarrers Otto Freund. Er stammte aus Eschwege, tat zunächst Dienst für den erkrankten Pfarrer Servestus und übernahm 1627 das Pfarramt in Datterode, wo er 1637 auch verstarb. Ein Jahr vor seinem Tod verfasste er eine im Original erhalten gebliebene Zusammenfassung über die „Pastorey von Dattenrode“, die er mit den Worten beginnt „ist ein geistlich Gut, ein Pfarrdorf“. In einem ersten Teil schreibt er über die Kollatur, d.h. also über die Besetzungsrechte der Pfarrstelle, wie auch über die Proteste der Boyneburger gegenüber deren Handhabung. Des Weiteren führt er die Zinseinkünfte, die Naturalabgaben, die Dienstleistungen, den Landbesitz, Holzlieferungen, Lehngelder der Pfarrei auf. Auch erwähnt er die sog. Gerechtigkeiten, die den besonderen Charakter der Pfarrstelle Datterode erkennen lassen. Dazu gehören zunächst die Fischereigerechtigkeit im fließenden Wasser der Netra auf eine Länge von etwa drei Acker „darinnen mag er von sich, was ihm beliebt und sonsten niemand fischen“. Über die Jagdgerechtigkeit heißt es „der Pfarrer mag in seinem Pfarr und dieses in seinem Pfarr und dieses Dorfgemeinde streichen, Vogel stellen, auch nach Hasen und Füchsen jagen, zu Holz und Felde“. Offensichtlich haben die Pfarrer an diesen Vorrechten, die keiner ihrer Amtsbrüder besaß, wenig Freude gehabt. Unmittelbar vor seinem Fischwasser lag nämlich das weit längere der Herren von Boyneburg, deren Knechte „täglich fischen und nicht viel das Wasser herausführen lassen“. „Fischet der Pfarrer vielmals umsonst, tut er nützlich, wenn er anderswo Fische kaufet“. Da die Jagd nicht nur von den Knechten, sondern vornehmlich von den Herren von Boyneburg selbst ausgeübt wurde, wird der Pfarrer nur in seltenen Ausnahmen einen Hasen geschossen und zur Freude seiner Familie mit nachhause gebracht haben. Rehwild wird übrigens in keiner Urkunde erwähnt. Schließlich besaß der Pfarrer noch die freiwillige Gerichtsbarkeit über alle der Pfarrei und Kirche dienst-, zins- und lehnpflichtigen Güter in Datterode, Röhrda, Wichmannshausen, Netra und Bischhausen, auch das Recht, geschlossene Verträge zu siegeln. Auch diese Berechtigung wurde später zusammen mit der Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben und die Fischerei- und Jagdgerechtigkeit abgelöst. Mit Johann Curäus übernimmt ein Mann die Pfarrstelle, der in einer überaus schweren Zeit seinen Dienst zu verrichten hat, aber auch persönlich ein schwieriger Mensch gewesen sein muss. Er war zuvor in Netra tätig, wo er aufgrund hier nicht interessierender Gründe abgesetzt, aber später wieder eingesetzt wurde. Von Netra aus lockte ihn die Pfarrstelle Datterode, da sie weit besser dotiert war und über keine Filialgemeinde verfügte, die es zu versorgen galt. Nachdem aber Netra nicht besetzt werden konnte, betreute er es weiterhin, wobei er peinlich darauf achtete, alle Einkünfte auch dieser Pfarrei zu erhalten. Trotzdem forderte er bei Netra 1640 150 Taler, 1641 bereits 500 Taler ausstehende Gehaltsbezüge ein. Netra erklärte sich zu Zahlung dieses hohen Betrages außerstande und warf ihrerseits Curäus vor, der Kirchengemeinde Lehngelder entzogen und für sich verbraucht zu haben. Zeitweise hatte er, um ein Pfand für seine Forderungen zu haben, die dortigen Abendmahlskelche nach Datterode mitgenommen. Im Unterschied zu seinen Amtsbrüdern beschwerte er sich häufig aus den verschiedensten Anlässen bei seinem vorgesetzten Superintendenten, so über den Rentmeister, der ihn bei der Ausübung der Jagd behindert habe, über den Schulmeister Johann Schellhase, weil dieser keine Schule halte und nicht frage, wann er läuten und singen solle. Zu einer großen Blamage und auch Demütigung für ihn geriet die Absetzung der beiden Kirchenältesten. Offensichtlich hatten sie, die nach der Kirchenordnung dazu berechtigt bzw. verpflichtet waren, ihn wegen seiner Amtsführung wie überhaupt wegen seines Umgangs mit den Gemeindegliedern zur Rede gestellt. Daraufhin erklärte Curäus sie beide für abgesetzt.
Der Superintendent ordnete daraufhin an, die beiden Kirchensenioren im Amt zu belassen. Aufschlussreich für die Zustände in Datterode im Jahre 1640, also gegen Ende des 30-jährigen Krieges, ist die Begründung des Superintendenten für seine Entscheidung „weil es dort nur noch wenige Männer gibt und dazu nicht eben von gutem Namen“. Als Todesjahr des Johann Curäus gilt das Jahr 1644.
Infolge des großen Pfarrermangels, gerade in den letzten Jahren des 30-jährigen Krieges, wurde der Pfarrer von Röhrda, Nikolaus Schlingaxt, interimsweise mit der Versehung von Datterode beauftragt und am 17. 1. 1646 eingeführt. Mit der Einführung wurde er verpflichtet, Schule zu halten und die Kirche zu bauen. Aus dieser Anordnung geht hervor, dass Datterode in diesen wilden Kriegsjahren keinen Schullehrer hatte und auch die Kirche einer umfassenden Instandsetzung bedurfte. Kirche zu bauen kann nicht als Neubau verstanden werden. Überhaupt muss es zu dieser Zeit auf dem Kirchrain wenig erfreulich ausgesehen haben. 1645 beklagt sich die Gemeinde Datterode bei dem Superintendenten Hütteroth, dass „der Saustall (der Pfarrei) abgebrochen und verbrannt sei, die Schaube von der eingefallenen Scheune verstreut sei und der Mist auf ihre eigenen Länder geführt sei“. Daraufhin verhört Hütteroth die Curäischen Erben. Das Ergebnis ist nicht bekannt. Der Leidtragende war der Pfarrer Nikolaus Schlingaxt. Somit war er wohl für zwei Pfarrdörfer zuständig. In beiden aber waren die Pfarrhäuser abgebrannt, so dass er gezwungen war, in Röhrda zur Miete zu wohnen. Die rauen Sitten der damaligen Zeit blieben nicht ohne Einfluss auf ihn. Junker Christoph von Herda zu Röhrda, aus einem thüringischen Adelsgeschlecht stammend, berichtet an den Superintendenten, dass Schlingaxt sich mit seiner Hauswirtin geschlagen habe. 1652 verlegt dieser darum seinen Wohn- und Dienstsitz nach Datterode. Seine Nachfolger sind Heinrich Trinkaus, 1659 erwähnt, und Konrad Gehfuß, 1675 genannt und aus Sontra stammend. In den 15 Jahren von 1685 bis 1698 wurde die Gemeinde von den Pfarrern Johann Ludwig Rode und Magister Christoph Quentel betreut. Während von dem Lebenslauf wie den Lebensdaten von Rode nichts weiter bekannt ist, wird der Magister Christoph Quentel von Datterode aus zum Metropolitan der Klasse Waldkappel ernannt. In Eschwege 1647 geboren, stirbt er 1714 in Waldkappel.
Nach Beendigung des 30-jährigen Krieges sind die Landesfürsten erneut bemüht, ihre vielgestaltige Gesellschaft in eine einheitliche Staats- und Untertanengesellschaft umzuformen. Dabei haben auch die Kirchen erheblich mitgewirkt, was Konflikte, vor allem in Religionsfragen, nicht ausschloss. Lange vor und später mit den staatlichen Amtsleuten gehörten die Pfarrer, deren Tätigkeit das entfernteste Dorf und das letzte Haus erreichten, zu den wichtigsten Vermittlern des neuen moralischen, ethischen und schließlich auch politischen Systems. Neben Predigt und Sakramentsverwaltung wie einem beispielhaften Lebenswandel oblag dem Pfarrer ja im Besonderen auch die Aufsicht über das gesamte religiöse und sittliche Leben ihrer Gemeinden, teilweise im Zusammenwirken mit den Kirchenältesten. Die Pfarrer waren schließlich auch von den fürstlichen Konsistorien verpflichtet und hierin lag eine ausgesprochene politische Bedeutung, das Volk von der Kanzel zu „Zucht, Frieden und Gehorsam“ anzuhalten und die weltliche Obrigkeit als von Gott verordnet hinzustellen (Gottesgnadentum, regelmäßige Fürbitte für den Landesherren und seine Familie in den Gottesdiensten). Privat lebten die Pfarrer damals wie heute in guter Nachbarschaft und Gemeinschaft.
Zu diesem Miteinander trug das Bewusstsein bei, den furchtbaren, später dreißigjährigen Krieg genannten, überstanden zu haben und der feste Wille, einen Neuanfang zu machen. Man traf sich in den einzelnen Regionen der Klasse - so der Name der kleinsten kirchlichen Verwaltungseinheit - in Eschwege, im Ringgau, im Werratal, besprach sich in dienstlichen und privaten Angelegenheiten und pflegte der Geselligkeit. Daneben gab es den amtlichen Konvent, zu dem der Metropolitan in Eschwege als der vorgesetzte Geistliche nach den Ordnungen der Kirche zu laden hatte. Er wurde abwechselnd in den einzelnen Kirchspielen gehalten und verlief nach einer festen, vom Konsistorium erlassenen Ordnung, in der der Tagesverlauf in allen Einzelheiten festgelegt war. Der erste Konvent in Datterode, über den ein Protokoll vorliegt, fand am 10. November 1659 statt. Im Mittelpunkt stand der Gottesdienst, der mit einem Examen von jung und alt über den Katechismus verbunden war. Dabei wurde festgestellt, dass der Katechismus „bei vielen fertig, aber ohne Verstand, bei etlichen aber unfertig vorgebracht wurde“. Bei der vorgeschriebenen Besichtigung der Schule bestanden die Schüler recht gut in den Fächern Lesen, Schreiben und Singen. Der von dem Schulmeister vorgebrachte Missstand, dass etliche Bauern zu bestimmten Zeiten ihre Söhne wegen landwirtschaftlicher Arbeit nicht zur Schule schickten und ihm den Lohn entsprechend kürzten, wurde missbilligt und Abhilfe zugesagt. Bemerkenswert, dass der Konventsleiter den Ortspfarrer Heinrich Trinkaus ermahnt, sich des Pfarrhausbaues, der wegen der Jahreszeit ruhte, energisch anzunehmen. Im 17. Jahrhundert fand ein weiterer Konvent am 3. 6. 1678 statt. Die Datteröder hatten inzwischen ihren Katechismus besser gelernt, so dass die alten Leute wie die jungen „ziemlich befunden wurden“. In dem Einwohnerverzeichnis, das der Pfarrer Johann Ludwig Rode für den Konvent aufzustellen hatte, fanden sich „114 Eheleute und Wittibe, 144 Kinder und 12 Mietlinge, im ganzen 270 Seelen“. Im 18. Jahrhundert wurden insgesamt drei Konvente gehalten, 1705, 1746 und 1796.
Kirchengemeinde und Pfarrer im 18. Jahrhundert
Der 1698 ins Amt gekommene Jacob Hütterot, der dieses bis 1734 innehatte, muss seiner Gemeinde ein guter Pfarrer gewesen sein. Nirgends ist von Beschwerden über ihn etwas vermerkt. Nach den nunmehr überwundenen unruhevollen Zeiten hat er seinen Dienst in Treue und Beständigkeit getan. Dieser Dienst bestand nach der sich inzwischen herausgebildeten Ordnung wie eh und je in der Durchführung der Gottesdienste, von denen er, da Datterode Unikat war, also keine Filialdörfer zu betreuen waren, sonntäglich zwei zu halten hatte, den ersten Vormittag, den zweiten am frühen Nachmittag. Im Sommer wurde der Nachmittagsgottesdienst alle 14 Tage durch eine Katechisation der konfirmierten Jugend der letzten der Jahrgänge ersetzt. Dazu kamen die Amtshandlungen, die bei einer Seelenzahl von etwa 300 nicht sehr zahlreich gewesen sein können. Mit dem Konfirmandenunterricht begann er, wie damals üblich, erst wenige Wochen vor dem eigentlichen Konfirmationstag, der meist auf den Sonntag nach Ostern, den weißen Sonntag, fiel. Ein längerer Unterricht erübrigte sich, da Religion ohnehin Hauptfach im Schulunterricht war. Mögen auch Hausbesuche nach heutigem Verständnis für nicht notwendig gehalten worden sein, da man in einer solch kleinen Gemeinde in engstem Kontakt miteinander lebte, so wird der Besuch der Kranken und Sterbenden zu den wichtigsten Aufgaben gehört haben. Das Tagewerk des Pfarrers erstreckte sich auch auf so manche Dinge, die dicht unmittelbar mit seinem Amt zu tun hatten. In vielen Fällen, auch in Konflikten, wie bei Übergriffen der staatlichen Beamten, Ämter und Behörden stand der Pfarrer seinen Gemeindegliedern als beredter und schreibgewandter Mann beratend und helfend zur Seite. Nicht wenig Zeit erforderte auch die Bearbeitung des von ihm bewirtschafteten Landes und die Pflege des Viehs. Haben wir auch keine genauen Kenntnisse, so wissen wir doch mit Sicherheit, dass noch im vorigen Jahrhundert (Anm.: 19. Jahrhundert) die Pfarrer hinter dem Pflug hergingen, wie die Bauern ihrer Dörfer auch. Im Jahre 1703 richtete Hütterot an das Konsistorium ein ausführliches Schreiben, das uns über den damaligen baulichen Zustand der Kirche Aufschluss gibt. Darin heißt es wörtlich „daß die alte hiesige Kirche so gar miserabel und baufällig, daß wenn dieselbe nicht beizeiten repariert und gebessert wird, man sich eines großen Unglücks befürchten müsse“. Zugleich erklärt er „da diese ganze baufällige und ruinierte Kirche fast von Neuem gebaut werden müsse“, die Gemeinde das aus eigenen Mitteln nicht leisten könne, zumal sie vor drei Jahren selbst den Kirchturm erbaut habe. Am Schluss bittet er darum, dass der Superintendent die Klasse Eschwege zu einer „Beisteuer“ veranlassen solle. Dem Pfarrer Hütterot folgten im Ablauf des 18. Jahrhunderts noch Johann Georg Lappe, 1734 - 1763, Johann Reinhard Kirchmeyer, 1763 - 1770 und Carl David Wiskemann 1770 - 1794.
Ihnen ist gemeinsam, dass sie sich mit zwei entscheidenden neuen geistigen Bewegungen auseinanderzusetzen haben, mit dem Pietismus und der Aufklärung. Der um 1670 aufbrechende Pietismus ist eine Bewegung für eine radikale Erneuerung von Frömmigkeit und Kirche. Den Theologen Spener und Francke, dessen Vorfahren aus Heldra stammten, wie dem Grafen Zinzendorf geht es um mehr Bibellesen, um Erbauungsversammlungen, Herzensfrömmigkeit, erbauliche, keine nur gelehrten abstrakten Predigten, Abkehr von der Welt mit ihren Vergnügungen. Damit legt der Pietismus den Akzent von der Lehre auf das Leben. Demgegenüber ist die Aufklärung die erste bedeutende Geistesströmung in der Geschichte des Abendlandes, die nicht von der Kirche ausgeht und nicht von religiösen Gedanken bestimmt ist. An ihrem Beginn steht das wachsende Zutrauen in die Kräfte des menschlichen Verstandes und der Vernunft. Dabei umfasst die Beschränkung auf Theologie und Philosophie nur einen Teilaspekt. Tatsächlich hat die Aufklärung fast alle Lebensgebiete ergriffen und tiefgreifende Änderungen hervorgerufen. So treten auch zum ersten Mal in Deutschland Bildung und kirchliche Weltanschauung auseinander. Gleichwohl werden viele Theologen, besonders während ihres Studiums, von der Aufklärung erfasst, so dass allerlei Mischformen von Pietismus und Aufklärung in der Art ihrer Verkündigung sich entwickeln. Wie die beiden großen Geistesströmungen, denen bald der Idealismus folgt, auf die Pfarrer von Datterode einwirkten, lässt sich bedauerlicherweise nicht mehr feststellen. Dem schon zuvor genannten Pfarrer Lappe gebührt das Verdienst, sogleich nach seinem Amtsantritt ein Kirchenbuch angelegt zu haben, hatten doch seine Vorgänger entgegen allen Vorschriften bisher keinerlei Register über ihre Amtshandlungen geführt. Darüber hinaus macht er sich die große Mühe, durch Befragung aller Gemeindeglieder nach ihren Lebensdaten und denen ihrer Verwandtschaft ein weiteres Kirchenbuch zusammenzustellen, das bis 1689 zurückreicht. Lappe verstirbt 1763 und wird in der Kirche begraben.
Seinen Nachfolger Johann Reinhard Kirchmeyer hält es nicht lange in Datterode. Er entstammt einer alten Pfarrerfamilie aus Bad Sooden-Allendorf. Seine Frau war eine Tochter des angesehenen Eschweger Kaufmanns Quentel. In Datterode werden dem Ehepaar drei Kinder geboren, die alle in zartem Alter sterben. Der trauernde Vater gibt seinem tiefen Schmerz dadurch Ausdruck, dass er im Kirchenbuch nicht nur die Daten festhält, sondern auch über sein persönliches Empfinden schreibt: „Am 28. 1. 1765 ist mein herzlieb gewesenes Söhnlein zum großen Schmerz und Leidwesen von der Hand des Höchsten aus dieser Zeitlichkeit durch den Tod abgefordert in die himmlische Freude und Herrlichkeit, nachdem er seine kurze Lebenszeit ein besonders liebreiches und freundliches Wesen von sich gezeigt. Auf die hiesige Kirche rechterhand neben dem Altar in seinem Ruhekämmerlein beigesetzt“. Auch die beiden anderen so früh verstorbenen Kinder werden in der Kirche, und zwar zwischen Pfarrstand und Altar begraben. Offenbar hat der Tod dieser drei Kinder und die im Altarraum gewählten Begräbnisplätze, über denen der Vater ständig zu amtieren hatte, das Ehepaar veranlasst, Datterode frühzeitig wieder zu verlassen.