Das Gotteshaus - Die evangelische Pfarrkirche zu Datterode

In der nördlichen Chorwand wurde gelegentlich der Renovierung 1961/62 - unterhalb eines auf die Wand gemalten Weihekreuzes - eine vierte Nische mit einem stark zerstörten Wandtabernakel mit Sandsteingewände freigelegt, ein ehemals vor die Wand springendes verschließbares Sakramentshäuschen, das - da es auf die Malereien keine Rücksicht nimmt - erst später, vielleicht erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, aber noch in vorreformatorischer Zeit, eingebaut wurde. Des schlechten Erhaltungszustandes wegen ist es wieder zugesetzt wor­den und somit heute nicht mehr sichtbar.

Besondere Beachtung verdienen die Wandmalereien, die am 8. September 1959 vom heimischen Malermeister Karl Wolf entdeckt und in den folgenden Monaten von Kirchenmaler Landgrebe freigelegt werden konnten. Am 16. Dezember 1962 wurde die durchgreifend renovierte Kirche wieder der Gemeinde übergeben. Die Wandmalereien wurden in so großen zusammenhängenden Teilen vorgefunden, dass man sich für eine Restaurierung entschied. Nur wenige Landkirchen in Nordhessen vermögen in ähnlicher Weise wie in Datterode eine Vorstellung von der gemalten Ausstattung einer spätmittelalterlichen Dorfkirche zu vermitteln.

Wann die Malereien, die sich unter mehreren Tüncheschichten vorfanden, überstrichen und damit unsichtbar gemacht wurden, lässt sich möglicherweise mit einem Hinweis in Zusammenhang bringen, der hier wiedergegeben wird. Unter dem Land­grafen Moritz wurden die so genannten Verbesserungspunkte in der Kirche von Hessen-Kassel eingeführt, die ausgesprochen bilderfeindlich waren. Ernst Hofmeister erwähnt in seiner 1910 erschienen Marburger Dissertation, die „kirchlichen Verbes­serungspunkte“ des Landgrafen Moritz des Gelehrten von Hessen (S.179): „Der Rent­meister von Eschwege hatte (um 1607) mit seinen Dienern die Bilder aus der Kirche von Datterode entfernen müssen. Dabei war es zu einem bedenklichen Aufstand der Bauern gekommen, die pietätvoll an denselben hingen und sie nicht entfernen lassen wollten.“

Betrachten wir nun die Wandmalereien im Einzelnen und beginnen wir im Chor. Die mit Ausnahme einer niedrigen Sockelzone die gesamte Wand überziehende Malerei ist so angelegt, dass ca. 0,70 m über dem Fußboden eine gemalte Stoffdraperie, die einen Vorhang vortäuscht, erscheint, die den gesamten Chorraum umzieht und lediglich von den geometrischen, schablonengemusterten 0,12 m breiten Rahmen um die drei Wandnischen unterbrochen wird. Diese unterste, rein dekorative Zone schließt in Höhe der Fenstersohlbänke.

Darüber setzt ein variiertes Schema ein, das Szenen und Einzelfiguren zum Inhalt hat. An der geschlossenen nördlichen Chorwand erscheinen vier große Bildfelder, die von ca. 0,12 m breiten Rahmen mit flüchtig gegebenem stilisiertem Rankenwerk umschlossen werden. In den südlichen und östli­chen Chorpartien, dort, wo die Wand durch hohe Fenster unterbrochen wird, stehen in den Fenstergewänden oder auf den Wandstücken zwischen den Fensteröffnungen Heiligenfiguren, die durch schmale Rahmenleisten oder bordürenartige Rahmen umschlossen werden. Die Wölbungen der Fensternischen zeigen wieder flüchtig hin­gesetztes, stark bewegtes Rankenwerk. Schließlich beginnt - wenig unterhalb der Fensterwölbung - eine dritte, bis zum Ansatz der Decke reichende Zone, die einen Apostelzyklus - mit Christus im Chorhaupt - zeigt. An der südlichen Langhauswand sind die Malereien weitgehend verloschen, im westlichen Teil erscheint - in Höhe der Empore - eine der bemerkenswertesten Darstellungen, Christus als Weltenrichter in der Mandorla.

Von den ehemals 12 Weihekreuzen, die in Höhe der zweiten Zone auftreten und die Malereien nicht respektieren, z. T. über diese gemalt sind, haben sich noch vier erhal­ten; dabei handelt es sich um die übliche spätmittelalterliche Form, ein in einen Kreis eingeschriebenes griechisches Kreuz mit Balken, die sich zur Kreuzvierung hin ver­jüngen.

Sehen wir uns nun die Bilder im Einzelnen an und beginnen wir an der Nordwand des Chores. Nur eine der vier hier auszumachenden Darstellungen ist noch gut zu erken­nen: Eine Szene der Geburt Christi, wobei das Christkind auf einem ovalen mattenar­tigen Lager erscheint, dahinter ist ein adorierender Engel zu sehen, ihm zur Rechten Maria, zur Linken Josef, beide haben die Hände - wie der Engel - zum Gebet erho­ben.

Das Bild links neben der Geburt ist nur in Teilen noch erkennbar, im Zentrum der Darstellung ist eine sitzende Frau mit rotem Mantel zu sehen, vermutlich Maria; möglicherweise ist hier eine Szene der Marienanbetung gemeint. Die beiden unteren Bilder sind nicht mehr deutbar, doch dürften sie in unmittelbarem Zusammenhang mit den beiden oberen Darstellungen stehen und auch Szenen aus dem christologi­schen Zyklus geboten haben.

Nun zu den Darstellungen in der Fensterzone der östlichen Chorpartien: Das linke Gewände des nordöstlichen Fensters scheint später neu verputzt worden zu sein, da sich hier keine figürliche Darstellung ausmachen lässt, hingegen zeigt das rechte Gewände eine weibliche Heilige mit Märtyrerkrone und Nimbus; das Bild ist so stark verblasst, auch fehlen erkennbare Attribute, dass sich die Heilige nicht benennen lässt.

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